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Pilzgifte

Mykotoxine sind hochgiftige Stoffwechselprodukte von höheren Fadenpilzen, die natürlicherweise im Sekundärstoffwechsel der Mikromyzeten entstehen und ins Medium abgegeben werden. Vergiftungen durch Mykotoxine werden als Mykotoxikosen bezeichnet, wobei vor allem die chronische Toxizität dieser Toxine zu beachten ist.

Es sind mehrere Aufnahmewege möglich, wobei die Aufnahme mit der Nahrung in der Regel die Hauptquelle darstellt. Ein Pilzwachstum während der Lagerung beim Händler oder Konsumenten ist meist makroskopisch erkennbar, so dass solche Lebensmittel verworfen werden können. Andererseits können sich Mykotoxine jedoch bereits vor und während der Herstellung eines Lebensmittels bilden, teilweise noch vor der Ernte der Pflanzen auf dem Feld. Da bei der Lebensmittelgewinnung und -aufbereitung diese Toxine häufig nicht zerstört werden, können auch optisch vollkommen unauffällige Lebensmittel Mykotoxine enthalten. Hierauf wird im folgenden noch weiter eingegangen. Bei Verabreichung kontaminierter Futtermittel an landwirtschaftliche Nutztiere kann es zudem zu Rückständen in den essbaren Geweben kommen. Daneben ist auch eine direkte Aufnahme von Mykotoxinen durch Kontakt über Schleimhäute sowie durch Einatmen von Sporen zu berücksichtigen. Letztendlich muss auch davon ausgegangen werden, dass es bei systemischen Pilzinfektionen zu einer Mykotoxinbildung kommen kann, wie dies bei verschiedenen Tierarten nachgewiesen werden konnte. Die Bildung von Mykotoxinen bei der Vermehrung von höheren Pilzen im Gewebe dient vermutlich der aktiven Auseinandersetzung mit dem Wirtsorganismus.

Mykotoxine sind im allgemeinen niedermolekulare Stoffe, die weitgehend hitzestabil sind und durch thermische Verfahren wie Kochen, Braten, etc. in Lebensmitteln nicht zerstört werden. Nach Aufnahme in den Organismus findet aufgrund der niedermolekularen Strukturen auch keine Antikörperbildung statt, so dass der Mensch keine entsprechenden Schutzmechanismen aufbauen kann. In der akuten Toxizität stehen die Mykotoxine meist hinter den Bakterientoxinen zurück. Zahlreiche Mykotoxine verhalten sich hinsichtlich ihrer chemischen Struktur wie alkylierende Agenzien, die aktiv in die DNS bzw. RNS-Synthese von Zellen eingreifen können. Durch den Eingriff in die natürlichen Zellteilungsvorgänge müssen solche Substanzen als potentielle Carcinogene angesehen werden. Dies trifft z. B. für die Aflatoxine zu.

Aflatoxine
Die wichtigsten Bildner der Aflatoxine sind die Schimmelpilze Aspergillus (A). flavus und A. parasiticus.

Metabolismus und Toxizität
Zielorgan der Aflatoxinwirkung ist die Leber, wobei dem Aflatoxin BI das weitaus grösste hepatotoxische und cancerogene Potential zukommt. Aflatoxin BI wird in der Leber zum Teil metabolisiert und nur ein relativ kleiner Prozentsatz wird mit Harn, Fäzes und Milch ausgeschieden. Ein metabolisches Stoffwechselprodukt ist das Aflatoxin-Epoxyd, dem die eigentliche mutagene Wirkung zugeschrieben wird. Andere Metabolite, wie das Aflatoxin MI können z. B. in der Kuhmilch nachgewiesen werden. Die toxische Aktivierung zum Aflatoxin-7,8Epoxyd wird durch das mitochondriale Zytochrom-P450-System der Leber katalysiert (S. auch Info-Blatt „Leber und Entgiftung").

Zahlreiche epidemiologische Studien aus Ländern der Dritten Welt wie China, Kenia, Uganda, etc. haben einen kausalen Zusammenhang mit der dort zu beobachtenden erhöhten Inzidenz primärer Leberzellcarcinome nahegelegt. In diesen tropischen Regionen wird das Wachstum von Schimmelpilzen und damit die Aflatoxinbildung begünstigt. In Europa sollen die Aflatoxine eine geringere Bedeutung haben, doch ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche Lebensmittel, vor allem jedoch auch Futtermittel in der Tierhaltung aus Ländern der Dritten Welt importiert werden. Entsprechende Höchstmengenverordnungen sollen daher die Aufnahme der Aflatoxine begrenzen.

Vorkommen
Positive Aflatoxinnachweise lassen sich häufig in Erdnüssen und Erdnussprodukten, anderen Nüssen sowie getrockneten Feigen nachweisen. Für Deutschland gilt eine Höchstmengenbegrenzung von 4ug/kg bezüglich der Gesamt-Aflatoxine für Getreide, Schalenfrüchte, Obst, Gemüse, Milchprodukte, Fleisch und Innereien sowie von 0,05ug/Kg für diätetische Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder. Ein gewisses Problem kann das Auftreten von Aflatoxin MI in Milch und Milchprodukten sein. Hier besteht für Deutschland eine Höchstmengenbegrenzung von 0,05 ug/kg Aflatoxin MI für Milch sowie von 0,01 ug/kg für diätetische Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder.

Ochratoxin A1
Ochratoxin A ist ein Cumarinderivat. Daneben kommen Ochratoxin B und Ochratoxin C als Ester des Ochratoxin A vor. Die höchste Toxizität ist jedoch für das Ochratoxin A gegeben. Die Benennung der Toxine erfolgte nach Aspergillus (A.) ochraceus, da diese Spezies als erste als Bildner dieser Cumarinderivate festgestellt wurde. Daneben sind auch andere Aspergillen wie A. glaucus, A. sulfureus und andere sowie auch Penicilliniumarten zur Bildung von Ochratoxin A befähigt.

Quellen
Ochratoxin A ist weitverbreitet in zahlreichen Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs. Dabei sind sämtliche einheimischen Getreidearten betroffen. Die Ochratoxin A-Gehalte zeigen eine starke Abhängigkeit vom Lagerungszustand. In verschiedenen Staaten Europas wurden entsprechende Grenzwerte für Getreide erlassen. In letzter Zeit konnte festgestellt werden, dass auch Kaffee häufig mit Ochratoxin A kontaminiert ist. Durch die Verfütterung ochratoxinhaltiger Futtermittel kann es zu entsprechenden Rückständen in Blut und Geweben von Schlachttieren kommen, insbesondere in Innereien. Hohe Belastungen werden vor allem bei Schweinen nachgewiesen. Für das Schwein wurde eine biologische Halbwertszeit von 88,8 Tagen ermittelt, wobei Hinweise darauf vorliegen, dass beim Mensch noch deutlich längere Halbwertszeiten zugrundezulegen sein dürften. Sehr hohe Ochratoxin A-Konzentrationen wurden im Blutplasma von Schweinen gefunden. Wenn dieses zur Wurstherstellung verwendet wird, sind entsprechende Rückstände auch in Wurstwaren zu erwarten. Der Mensch als Endglied der Nahrungskette kann sich dieser stetigen Ochratoxin A-Aufnahme nicht entziehen und Ochratoxin A ist in praktisch sämtlichen Serumproben in der deutschen Bevölkerung nachweisbar.

Toxische Wirkungen
Ochratoxin A weist eine hohe Nephrotoxizität auf und es zeigt sich im Tierversuch eine mykotoxische Nephropathie, die charakterisiert ist durch eine Tubulusatrophie. Bei verschiedenen Tierarten lassen sich mit Ochratoxin A experimentell entsprechende Nierenschädigungen hervorrufen. Daneben dürfte auch ein weiterer nierenschädigender Pilzmetabolit, Citrinin, eine Rolle spielen. Die in Ländern des Balkans beim Menschen endemisch vorkommende sogenannte Balkan-Nephropathie zeigt ein ähnliches klinisches Bild wie die Ochratoxin A-Intoxikation bei Tieren und wurde daher auch mit einer erhöhten Ochratoxin A-Belastung in Zusammenhang gebracht. Diese kann möglicherweise auf den einseitigen Verzehr kontaminierter wirtschaftseigener Produkte zurückgeführt werden. Die Krankheit wird meist erst im Alter von zirka 25 bis 30 Jahren manifest und verläuft nicht selten tödlich. Neben einer Tubulusschädigung kommt es im weiteren Verlauf auch zu einer Beeinträchtigung der Funktion der Glomeruli. Während Ochratoxin A in niedriger Dosierung zunächst nephrotoxisch wirkt, konnten bei höheren Konzentrationen auch hepatotoxische Wirkungen gezeigt werden. Gleichzeitig gibt es auch Hinweise auf eine tumorigene Wirkung.

Zearalenon
Zearalenon ist ein Metabolit des Sekundärstoffwechsels von Feldpilzen, vor allem von Fusarien. Die toxische Wirkung von Zearalenon beruht im wesentlichen auf seinen östrogenen Eigenschaften.

Quellen
Fusarien können praktisch sämtliche Getreidearten in den Anbaugebieten der kühlgemässigten Zonen Europas, Asiens, Nordamerikas und Australiens befallen. Die Toxinbildung setzt auf der Getreidepflanze bereits häufig vor der Ernte ein und kann sich dann weiter fortsetzen, wenn die Lagerungsbedingungen nach der Ernte dieses zulassen. Besonders grosse Zearalenonmengen werden von dem Erreger der Kolbenfusariose des Maises, Fusarium roseum gebildet. Durch Verfütterung zearalenonbelasteter Futtermittel kann es auch bei Nutztieren zu Zearalenonbelastungen kommen.

Toxische Wirkungen
Aus Tierstudien, insbesondere an Schweinen konnten unter erhöhter Zearalenonbelastung Fruchtbarkeitsstörungen, krankhafte Vergrösserungen von Vulva und Uterus, Absterben der Föten und bei männlichen Schweinen Hodenatrophien beobachtet werden.

Auch beim Menschen kann ein gesundheitliches Risiko bestehen, wenn er Zearalenon oder die primären Metabolite Alpha- und Beta-Zearalenol mit der Nahrung aufnimmt, wobei die toxischen Wirkungen auch hier durch die östrogenen Eigenschaften bestimmt werden. Untersuchungen aus Costa Rica konnten einen möglichen Zusammenhang zwischen einer frühzeitigen sexuellen Entwicklung bei männlichen Heranwachsenden und einer Zearalenonbelastung wahrscheinlich machen. Aufgrund der Tierstudien können auch beim Menschen eine Beeinflussung der Konzeption, teratogene Effekte an Embryonen und eine mögliche Begünstigung von Lebertumoren grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.

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