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Homozystein

Beim alternden Menschen beschränken sich die wichtigsten chronischen Krankheiten auf einige wenige Grundleiden. Davon stehen die gefässverkalkenden arteriosklerotischen Veränderungen an erster Stelle. Dass aber immer jüngere Personen davon betroffen sind, hängt auch von unserer modernen Lebensweise ab. Risikofaktoren: Rauchen, keine naturbelassenen Lebensmittel mit Mangel an Vitaminen und Spurenelementen, Übergewicht, mangelnde Bewegung und Stress. Hier spielt das so viel zitierte Cholesterin eine untergeordnete Rolle. Es hat bisher eher von den wichtigeren Ursachen der Arteriosklerose abgelenkt und damit den Prognosen mehr geschadet als genützt. So wurden nur bei 35% der Herzkranken ein erhöhtes Cholesterin gefunden. Die nicht herz-kreislauf bedingten Todesfälle bei Männern und Frauen haben mit der Reduktion des Cholesterins eher zugenommen. Dabei traten vor allem Verdauungsleiden und Tumore auf. Bei Frauen gibt es sogar keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Cholesterin tatsächlich bei Gefässschäden überhaupt eine Rolle spielt, da die bisherigen Studien nur Männer einbezogen. Eine kritiklose Übertragung der Daten auf Frauen ist nicht legitim. Es wird somit Zeit, das alte Dogma der Cholesterinhypothese ernsthaft in Frage zu stellen. Auf der Suche nach anderen Risikofaktoren wurde Ende der 80er Jahre erstmals das Homozystein, eine giftige Aminosäure, entdeckt (Aminosäuren werden für die Eiweissproduktion benötigt, in der Homozystein ein Zwischenprodukt darstellt). Bei den relativ seltenen Enzymmangelkrankheiten, bei denen es zu einer Anhäufung dieser Aminosäure kommt, sterben die Betroffenen an einer ausgeprägten Arteriosklerose und Thrombosen in jungen Jahren. Diese „Homozysteinämie" ist aber auch in abgeschwächter Form relativ häufig anzutreffen. Genetische Bedingungen finden wir bei 1 von 70 (!) Personen. Noch häufiger liegt die Ursache an einem Vitaminmangel (Folsäure, Vitamin B6, B12, Cholin, Riboflavin) durch Fehlernährung, Alkohol, Rauchen, in mangelnder Aufnahme (Permeabilität) durch den Dünndarm, in Magersucht, Bestrahlung, Chemotherapie oder anderen Medikamenten. Letztere sind vor allem Magensäureblocker, Epilepsiemittel, Antidepressiva, Antibaby-Pille u.a.. Es kann vermutet werden, dass so schwerwiegende chronische Volkskrankheiten wie grauer Star, Osteoporose, Hirnleistungsstörungen, Altershaut, Rheuma usw. mit erhöhten Homozysteinspiegeln übereinstimmen. Interessant ist, dass beim Mongoloiden Herzinfarkt, Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen so gut wie unbekannt sind. Verantwortlich dafür ist das hier überzählige Chromosom, welches verhindert, dass das Homozystein ansteigt.

Biochemie des Homozysteinstoffwechsels

Mechanismus der Arteriosklerose

Homozystein kann relativ leicht oxydiert („ranzig") werden, wobei es zur Freisetzung von Wasserstoffperoxid kommt, welches die Gefässwände direkt angreift und bestimmte Fetteiweisse ebenfalls ranzig werden lässt. Mit steigendem Homozystein wird die Blutgerinnung gefördert, womit das Thromboserisiko weiter ansteigt. Erst nachdem das Homozystein Primärschaden an den Gefässwänden gesetzt hat, kann sich das Cholesterin einlagern. Somit spielt Cholesterin in der Entstehung der Gefässkrankheiten eine untergeordnete Rolle! Nierenkranke leiden ebenfalls vermehrt unter Gefässkomplikationen. Erklärt wird dies dadurch, dass die Nieren nicht mehr in der Lage sind, Homozystein auszuscheiden. Dies geschieht auch bei der Zuckerkrankheit.

Therapie
Die Vorstufen-Aminosäuren zu Homozystein sollten möglichst vermieden werden. Dazu zählen methioninreiche Lebensmittel, wie z.B. Fleisch. Methioninarm ist eine vegetarische Kost. Bevorzugen Sie deshalb ballaststoffreiche Nahrungsmittel, vermeiden Sie lange Lagerungszeiten oder das Verkochen der Lebensmittel. Waschen Sie Obst und Gemüse stets unzerkleinert und lassen Sie es nur kurz im Wasser liegen. Dünsten Sie Gemüse und nehmen Sie dazu nur wenig Flüssigkeit. Verwenden Sie nach Möglichkeit die Kochflüssigkeit weiter (z.B. für die Zubereitung von Saucen).

Sorgen Sie für genügend Vitamin B6, B12 und Folsäure. Entsprechende therapeutsiche Dosen sind jedoch leider mit der üblichen Nahrung kaum zu erreichen.

Je nach Risikosituation müssen individuell diese Vitamine zusätzlich eingenommen oder gespritzt werden. Unter Umständen wären unterstützende Massnahmen, wie die Chelat-Therapie oder Hämatogene Oxydationstherapie sinnvoll. Es bedarf aber einer vorgängigen Abklärung, um unnötige Therapien zu vermeiden.

Bei deutlich erhöhten Homozysteinspiegel ist heute eine genetische Untersuchung des "Steuerenzyms" Methylen-TetraHydroFolate Reduktase MTHFR angezeigt (s. Abb. Seite 14: Homocysteine-Methyl-Transferase). Ein weit verbreiteter Polymorphismus im MTHFR-Gen führt zu einer Variante des MTHFR-Enzyms. Die Sequenzvariante besitzt nur etwa 50% der Aktivität des Wildtyp-Enzyms. Individuen mit dieser thermolabilen Form haben infolgedessen höhere Plasmawerte für Homozystein. Verantwortlich ist ein Basenaustausch in der kodierenden Region des MTHFR-Gens. An der Position 677 findet sich bei der veränderten Form ein Basenaustausch von C (Cytosin) nach T (Thymidin). Dieser Austausch resultiert in der Aminosäuresequenz des Proteins in einem Wechsel von Alanin zu Valin. Der Polymorphismus ist weitverbreitet. Etwa 40% der Bevölkerung sind homozygot für den Wildtyp (C677), 45% heterozygot (C677 und T677) und 15% tragen homozygot die Sequenzvariante (T667). Ist eine homozygote Konstellation nachgewiesen muss lebenslänglich für einen ausreichenden Vitaminzufuhr und entsprechenden ernährungsheilkundlichen Massnahmen, wie oben angegeben, gesorgt werden.

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