Fragen? +41 44 716 48 48

Genetik Einführung

  • Schlüsselenzyme sind Enzyme welche für viele, sehr verschiedene Stoffwechselvorgänge benötigt werden.
  • Bei vielen Menschen können diese Schlüsselenzyme nicht angelegt, nur teilweise angelegt oder zuviel vorhanden sein.
  • Sind Schlüsselenzyme nicht in korrekter Form vorhanden, kommt es zu Störungen in den entsprechenden Stoffwechselabläufen
  • Die Betroffenen Personen reagieren anders auf ihre Umwelt, auf Medikamente, auf Giftstoffe, etc.
  • Durch genetisches Screening können die Schwachstellen lokalisiert werden und durch Kontrolle der Ernährung, Umwelt und Vermeidung von den entsprechenden Belastungen ausgeglichen werden

Das Bestimmen von genetischen Veränderungen, sog. Polymorphismen , erlaubt uns heute, gezielt individuelle Therapievorschläge, vor allem bezüglich Ernährung, Nahrungsergänzungsmittel, Lebensgewohnheiten und Verhalten auszuarbeiten. Gewisse erbliche Belastungen lassen sich heute teilweise bis vollständig ausgleichen. Sie müssen nur rechtzeitig erkannt werden.

"George Burns" Syndrom

Warum führen gewisse Leute ein gesundes Leben und sterben jung, während andere wie George Burns mit Rauchen und Alkohol 100 Jahre alt werden?

Die genetische Veranlagung wird häufig zitiert als eine Art Rechtfertigung sowohl für den Arzt, wie auch für den Patienten, in die Passivität zu versinken und die Verantwortung von sich zu schieben. Gene könne man ja schliesslich nicht verändern.

Nach den heutigen Erkenntnissen ist diese Aussage falsch!

Wie lässt sich das erklären?

Auch nach dem Turm zu Babel besitzen alle Lebewesen noch eine gemeinsame Sprache. Sie heisst "DNA (Engl.) oder "DNS" (Deutsch) und steht für Desoxyribonukleinsäure, den Grundbaustein unseres genetischen Materials. DNS ist die Betriebsanweisung für alle lebenden Organismen auf dieser Erde.

Auch nach dem Turm zu Babel besitzen alle Lebewesen noch eine gemeinsame Sprache. Sie heisst "DNA (Engl.) oder "DNS" (Deutsch) und steht für Desoxyribonukleinsäure, den Grundbaustein unseres genetischen Materials. DNS ist die Betriebsanweisung für alle lebenden Organismen auf dieser Erde.

Stellen Sie sich Ihr genetisches Material als Buch vor. Es gibt 23 Kapitel genannt Chromosomen. Jedes Kapitel besteht aus mehreren tausend Geschichten genannt Gene. Jede Geschichte besteht aus Paragraphen genannt Exons, die durch Inserate unterbrochen werden, genannt Introns. Jeder Abschnitt besteht aus 3-Buchstaben-Worte genannt Codons. Alle Buchstaben heissen Basen und stellen chemisch sog. Nukleotide dar.

Diese digitale Information besteht aus den 4 Buchstaben A, T, C und G. Es sind derer 3 Milliarden! Und damit wurden >40'000 Gene im menschlichen Erbgut geschrieben.

Wenn alles DNA einer einzigen Zelle ausgestreckt würde, ergäbe dies eine Länge von 2 Meter.

Wenn alles DNA aller Zellen eines Menschen ausgestreckt würde, wäre dies die Distanz Erde Sonne und zurück...

... Eintausend Mal.

Die selben 4 Buchstaben schreiben den Plan für das gesamte Leben auf der Erde. Diese Buchstaben sind es, die die Evolution auf der Erde bestimmen. Die natürliche Selektion hat lediglich zur Folge, dass die stärkere eher dazu in der Lage sein wird, diese Information, gebunden an den 3 Milliarden Buchstaben des menschlichen DNA's, weiterzugeben.

Haben Sie gewusst, dass nur ca 3% unseres genetischen Materials das codiert, was wir eigentlich sind? Die übrigen 97% soll nach den heutigen Erkenntnissen für den Menschen ohne Bedeutung sein. Viren-Gene beanspruchen ca 1.3% unseres Genoms. Revers Transkriptase, ein Virus-Enzym, wird so viel mal in unserem Genom wiederholt, dass es ca 15% unseres Erbgutes ausmacht. Diese Virusgene sind wie Schwarzfahrer in den Zellen der Menschheit.

Mutationen / Polymorphismen

Variationen in den genetischen Codes eines Individuums heissen Mutationen und Polymorphismen: "vielfältige Strukturen". Vor allem die Polymorphismen sind für unsere biochemische Individualität verantwortlich. Bis heute wurden ca 1'600'000 identifiziert, obwohl Vermutungen davon ausgehen, dass es ca 10 - 100x (?) so viele existieren müssen!

Worin liegt der Unterschied zwischen Mutationen und Polymorphismen?

Mutationen sind seltene grobe Spontanveränderungen in den Chromosomen einzelner Individuen.

Polymorphismen sind diskretere Variationen, die in grössere Populationen gefunden werden.

In der Regel ist ein Polymorphismus jede genetische Änderung, die in mehr als 1% der Bevölkerung gefunden wird und kann somit als "kleine, häufige Mutationen" angesehen werden.

Die Auswirkung vieler unserer Gene ist unausweichlich. Die meisten menschlichen Eigenschaften fallen unter diese Kategorie: Augenfarbe, Blutgruppe, Anzahl Finger u.a.m. Diverse genetische Krankheiten sind ebenfalls hier einzureihen:

  • Thalassämie
  • Zystische Fibrose
  • Chorea Huntington
  • Mongolismus

Gene sind aber für die meisten unserer Krankheiten nicht verantwortlich. Gene besitzen Funktionen, sie können uns für Krankheiten anfällig machen, sie sind aber nicht unser Schicksal. Nur in der Kombination: Genetische Konstitution und Umwelt werden Krankheiten (Phänotypus) erzeugt.

Unsere Umwelt prägt die Auswirkung unserer Gene!

Die Ausdrucksweise der Gene wird durch Umwelteinflüsse modifiziert. Und, je gewichtiger die genetische Komponente einer Erkrankung, um so grösser ist die individuelle Verantwortung, mittels Umwelteinflüssen, Ernährung und Lebensgewohnheiten, das persönliche Schicksal zum besseren zu wenden.

Die Bedeutung der Gene

Gene sind die Datenzentren im Zellkern, die der Zelle Anweisungen erteilen, Eiweisse zu produzieren. Diese Eiweisse (=Proteine) sind ihrerseits Funktionsvermittler, die über den Stoffwechsel entscheiden.

Andere Gene produzieren andere Eiweisse. Andere Eiweisse ergeben andere Funktionen. Die unterschiedliche Funktion kann sich entsprechend auswirken:

  • Sie stellt ein Ueberlebensvorteil dar
  • Sie ist neutral, also weder "gut" noch "schlecht"
  • Sie ist schädlich
  • Sie ist gut in gewissen Lebenssituationen und schlecht in anderen.

Beispiel: Unsere Blutgruppen: A, B, AB, O

ABO Blutgruppen resultieren aus kodierten Genen die aus ca 18'000 Buchstaben, Nukleotiden, aufgebaut sind. Der Abschnitt für die eigentliche Blutgruppenkodierung besteht aus ca.1'000 Nukleotiden.

A und B unterscheiden sich durch lediglich 7 Buchstaben, von denen 3 stumm sind. Damit sind nur 4 Nukleotide für diesen funktionellen Polymorphismus zuständig. O unterscheidet sich von A durch eine Punkt-Löschung (Deletation, s.o.) an der 258en Stelle. Dadurch verschieben sich sämtliche andere Buchstaben um eine Stelle nach links. Jede darauffolgende Aminosäure, welche die Eiweisse aufbauen, wird damit durch eine andere ausgetauscht.

Haben nun diese Polymorphismen Vor- oder Nachteile?

BLUTGRUPPE
O B A AB
Sehr anfällig für Cholera Weniger anfällig für Cholera Ziemlich widerstandsfähig für Cholera Praktisch Immun gegenüber Cholera

Polymorphismen sind nicht selten. Bis zu 50% der Bevölkerung weisen spezifische Polymorphismen auf. Nicht alle Polymorphismen sind somit "schlecht". Im Gegenteil. Gewisse können uns sogar widerstandsfähiger machen gegenüber bestimmten Krankheiten u.a.m. In vielen Fällen ermöglichen aber Polymorphismen zudem diejenigen zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, bestimmte Krankheiten zu entwickeln, wie Koronare Herzerkrankung, Krebs, rheumatoide Arthritis, Osteoporose oder chronische Entzündungen, um hier aktiv und gezielt etwas dagegen zu unternehmen, denn die Auswirkungen der meisten Polymorphismen sind durch Massnahmen wie die Ernährung, Lebensverhalten und spezifische medizinische Interventionen steuerbar. Dieses Kriterium entscheidet auch über die Auswahl der genetischen Analysen.

Sinnvolle Diagnostik

Die Kriterien für den klinischen Nutzen einer genetischen Untersuchung sind deren vier:

Von den bekannten 1.6 Millionen Polymorphismen müssen sie

  • Relevant sein (wichtig für unsere Gesundheit): 10'000
  • Prevalent sein (häufig vorkommen): 1'000
  • Modifizierbar sein: 100
  • Messbar sein: 50

Wer profitiert von dieser Diagnostik?

  • Proaktive Patienten, die ihr Krankheitsrisiko vermindern und ihre Gesundheit optimieren wollen.
  • Patienten mit einer belasteten Familienvorgeschichte, wie z.B. gehäuftes Auftreten von Herzerkrankungen, Darmkrebs, Osteoporose, Immunschwächen u.a.m.

BEISPIELE GENETISCHER UNTERSUCHUNGEN

Kardiovaskuläres Risiko
Identifiziert genetische Polymorphismen, die assoziiert werden mit der Entwicklung von Arteriosklerose, Hypertonie und koronarer Herzkrankheit. Risikofaktoren umfassen u.a. Methylierungs-Defekte, Hyperkoagulation, und -viskosität, Cholesterinregulation, Entzündung, generelle Risikomarker und cardioprotektive Marker.

Beispiele

Apolipoprotein ist aktiv bei der Clearance von Chylomikronen und VLDL resultierend aus der Nahrung beteiligt. Unzureichender Abtransport kann in vorzeitiger CHK münden. Es existieren drei Polymorphismen APO E2 E3 E4. Therapie: 3/3 reagiert mittelmässig auf eine fettarme Ernährung. Sehr wirksam: Ballaststoffe, aerobe Fitness, Statine, Hormonsubstitution bei Frauen in der Postmenopause

Koagulationsfaktor 2, Prothrombin, stellt ein Plasmaprotein dar, welches eine kritische Rolle in der Blutgerinnung darstellt. Damit erhöhtes Risiko für Thrombosen und Infarkte. Ergebnis -/- = kein erhöhtes Risiko von diesem Gen ausgehend

Angiotensin ist ein Poylpeptidhormon, welches die Kontraktion der glatten Muskulatur, wie auch die Natrium- und Wasserrückresorption steuert, was zu Hypertonie führen kann. Zudem tendieren Frauen mit diesem SNP mehr Fettgewebe anzusetzen.
+/+ = erhöhtes Risiko. Therapie: Salzarme Diät, ACE Hemmer sehr wirksam. Fitness weniger effektiv.

Cytochrom b-245-a kodiert eine Untereinheit der NADH/NADPH Oxidase, welche eine Schlüsselrolle bei der Redox Kontrolle der glatten Gefässmuskulatur einnimmt. Polymorphismen werden mit einer reduzierten NAD(P)H Aktivität und geringerer Superoxidbildung einhergehen. Dies kann die Ausbildung von Arteriosklerose beschleunigen. +/- = Leicht erhöhtes Risiko. Therapie: Spricht gut auf Statine an, Vitamin B3, Coenzym Q10. Ballaststoffe ermöglichen mit einer gesunden Darmflora ausreichend Bildung von Propionsäure, welche auf die HMG-CoA Reduktase einen leicht hemmenden Effekt ausübt. Gabe von Antioxidantien wie Vitamin C, E u.a.m.

Immunologie
Identifiziert genetische Polymorphismen, die assoziiert werden mit erhöhtem Risiko, Immunschwächen zu entwickeln. Risikofaktoren beinhalten Interleukinproduktion und -aktivität wie auch erhöhte Synthese anderer Zytokine wie TNF alpha, der chronische Entzündungsantworten aktivieren kann. Immunologische Polymorphismen wurden in Zusammenhang gebracht mit einem erhöhten Risiko Asthma, Atopien, Osteopenien, CHK wie auch infektiöse Krankheiten zu entwickeln.

Osteoporose
Identifiziert genetische Polymorphismen, die assoziiert werden mit erhöhtem Risiko von Osteoporose und Osteopenie. Risikofaktoren umfassen u.a. die Kollagensynthese, Kalziumstoffwechsel, Vitamin D3 Aktivität, Parathormon-Funktion, Osteoklasten-Aktivität und chronische Entzündung.

Detoxifikationsleistung (Entgiftung)
Identifiziert genetische Polymorphismen, die assoziiert werden mit erhöhtem Risiko, Defekte in der Entgiftung zu entwickeln. Risikofaktoren umfassen alterierte Cytochrom P-450 Aktivität in der Phase I der Entgiftung, reduzierte Glutathionkonjugation und Azetylierung in der Phase II, veränderte Katecholamin-Methylierung und erhöhten Oxidativen Stress. Detoxifikationsdefekte wurden mit verschiedenen Krebsarten, CFS, MCS und Alkoholismus in Zusammenhang gebracht.

Beispiele

Cytochrom P450 1B1 wandelt Oestrogene in 4-OH-Oestrogen um, was zu östrogensensitiven Tumoren Anlass geben kann. Risikoverminderung durch

  • regelmässige aerobe Gymnastik
  • Soya Produkte, Kaltwasserfische (Lachs usw.), 1-2 Gläser Rotwein täglich.
  • Rauchverbot !!!
  • Gegrilltes vermeiden
  • Evtl. Supplementierung mit DHEA, DHA, Indol-3-Carbinol, Hesperetin als Flavonoid

Cytochrom P450 2A6 ist verantwortlich für die Entgiftung von Nikotin, Nitrosamine, Aflatoxin B1 und diverse pharmazeutische Produkte wie Antabus oder Anaesthetika Halothan. Dieser Polymorphismus kann in einem gewissen Sinne sogar protektiv sein gegenüber Lungenkrebs, da Raucher mit dieser SNP in der Regel weniger rauchen....

Risiko erhöht durch regelmässigen Konsum von Grapefruitsaft.

Cytochrom P450 2C19 ist in der Verstoffwechselung von vielen Arzneimitteln involviert: Protonenpumpen-Inhibitoren, Tranquilizer, Antidepressiva. Diese Patienten werden häufiger unerwünschte Nebenwirkungen in therapeutischen Dosierungen erfahren.

Risikoverminderung durch

  • Medikamente nur wenn nötig
  • Dosisanpassung

Seegarten Klinik AG - Copyright 2024. All Rights Reserved.